Willkommen ich real existierenden Tourismus! könnte am Flughafen von Varadero über den Schaltern der Einreisekontrolle stehen. Stattdessen werden wir von adrett gekleideten weiblichen Offizieren teilnahmslos gemustert, ein Blick, streng, abweisend und dennoch vollkommen gleichgültig, dem wir noch oft begegnen werden. Ein Blick, der uns sagt: ‚Ihr seid hier nicht erwünscht‘ oder ‚Auch du bist schuldig, egal wie arglos du schauen magst‘. Schlechtes Gewissen beginnt mich zu beschleichen, ein Gefühl, dass ich während meines ganzen Aufenthalts nicht mehr los werde.

Eigentlich sollte ich etwas Positives schreiben über dieses Land, diese Menschen, über ihre Revolution, mit der ich, wie die halbe Welt, sympathisierte. Ich sollte Sie ermuntern, auch nach Kuba zu reisen, dieses Land zu besuchen, solange es nicht von den globalen Touristikkonzernen endgültig gleichgeschaltet wird, zu einem beliebigen Palmenziel degradiert, bei dem es gleichgültig ist, von welcher Stelle des Globus aus man auf türkisgrünes Wasser und strahlendweißen Sand schaut. Die Welt als Erlebnisbad, ohne Kuppeln, aber mit den immer gleichen Pools, Restaurants, Bars, tropischen Gärten. Selbst die Menschen werden sich zum Verwechseln ähnlich. Aber der real existierende Sozialismus hat wenig Charme, hat ihn nie gehabt, und er stellt uns erneut auf eine harte Probe. Da haben es unsere Mitreisenden einfacher, die sich über die Ausreiseverbote mokieren, über den allgegenwärtigen Mangel, und es als unerhörte Grausamkeit ansehen, diesen Menschen den Kapitalismus vorzuenthalten.

Aber die Kubaner haben nicht vergessen, was es hieß, Hinterhof der USA zu sein, skrupellos ausgebeutet von der amerikanischen Mafia und von einer kleinen, selbsternannten einheimischen Elite. ‚Bildung ist der Schlüssel zu allem‘, sagt unsere kubanische Reiseleiterin später, sie nennt uns jede Schule, an der wir vorbeifahren, jedes noch so kleine Institut der Universität. ‚Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. – Und es ist absolut kostenlos. – Zumindest für uns‘, sie lächelt.

In einer trostlosen Halle warten wir auf unser Gepäck. Ein kleiner Hund der Drogenpolizei läuft auf dem Gepäckband herum und beschnüffelt jeden Koffer. ‚Süß‘, sagt mein Sohn. Ich betrachte den Hundeführer mit Misstrauen. Hoffentlich hat sein Hund eine wirklich gute Nase.

Es ist erstaunlich, wie traurig ein Land wirkt, in dem es keine Werbung gibt. Wände, auf denen die vielfältigen Gebote und Verbote noch mehr auffallen. Dunkle Straßen, die wie Pisten durch das Land geschlagen wurden. Graue Ortschaften ohne Geschäfte und Kneipen. Sie wirken verlassen, besonders nachts. So ergötzen wir uns an den zahlreichen Revolutionsgraffitis, den Durchhalteparolen, den allgegenwärtigen Che-Porträts. Wir steigen in den Shuttlebus nach Varadero. Der Bus ist ein neues chinesisches Modell und gehört einer staatlichen Firma. Herunter gekühlt auf 20 Grad fahren wir durch die Nacht. Draußen ist es schwühlheiß. Juni auf Kuba. ‚Im August ist hier alles zu. Sogar die Hotels‘, sagt unsere kubanische Reiseleiterin später. ‚Kommen Sie nicht im Sommer, da ist es unerträglich heiß. Selbst für uns‘, sie lächelt.

Seit der großen Wirtschaftskrise Anfang der 90er-Jahre, als mit dem Ende des Sozialismus in Europa die ‚brüderliche‘ Hilfe eingestellt wurde, setzt Kuba auf den internationalen Tourismus. ‚Wieder‘, müsste man schreiben, denn schon Ende der 50er-Jahre hatten die damaligen Mafiabosse große Pläne, ihr illegal erworbenes Geld in Hotelanalgen und Spielcasinos zu waschen. Kuba war zu jener Zeit ein glamouröses Ziel, versprach exotische Nächte in Bars und Cabarets, heißblütige Bettgespielinnen jeglicher Hautfarbe und die vordergründige Leichtigkeit der Karibik.

Heute kommen jedes Jahr zwei Millionen Touristen nach Kuba. Kanadier zumeist, Südamerikaner, Spanier, Italiener, Chinesen – und etwa einhunderttausend Deutsche. Die Hotelanlagen wurden als Joint Venture vor allem mit spanischen Touristikunternehmen gebaut, mit Iberostar, Barcelo, Sol Melia. Jede Schraube wurde importiert, und selbst heute kommen die Hummer im Kühlcontainer an, werden die meisten Lebensmittel, Kosmetika und Hygieneartikel aus dem Ausland eingeführt. Trotzdem bleibt fast die Hälfte des Geldes im Land. Zwei Milliarden Dollar im Jahr, ohne die die Menschen genauso hungern müssten, wie sie es während der ‚Sonderperiode‘ getan haben. Es sind Luxushotels, die auf der Halbinsel Varadero entstanden sind, eine über zwanzig Kilometer lange Landzunge, die sich Richtung Miami streckt, als könnte sie diese kurze Entfernung zwischen den Welten tatsächlich überbrücken. Eine streng bewachte Exklave, in der nur kubanisches Hotelpersonal geduldet wird, was die zahlreichen Polizeiposten an der Straße belegen. Eine Mitfahrerin im Bus fragt, ob die Posten aus alter Zeit stammten. Der Busfahrer runzelt die Stirn und antwortet, nein, die seien gerade erst gebaut worden.

Die neue Tourismuspolitik findet keine ungeteilte Zustimmung im Land. Sie wird als notwendiges Übel angesehen, um an überlebenswichtige Devisen zu kommen, und die einfachen Menschen reißen sich um die begehrten Jobs als Zimmermädchen, Kellner oder Koch. Doch die meisten Kubaner fühlen sich schmerzlich in die Zeit vor der Revolution zurückversetzt, als die Einheimischen hungerten, während die ausländischen Touristen in ihren Luxusghettos prassten. ‚Haben wir dafür die Revolution gemacht?‘ fragt mich später der Barmann in der Zigarrenbar des Hotels. Hier erfahre ich, dass es auch im Super-All-Inclusive keine Montecristos zum Nulltarif gibt, von französischem Cognac ganz zu schweigen.

Man sollte sich ein kubanisches Luxushotel nicht wie eines in Punta Cana vorstellen oder auf Bali. Vielleicht sollte man sich ein kubanisches Luxushotel gar nicht vorstellen und lieber mit dem Rucksack durch das Land reisen, bei den Einheimischen übernachten und in den illegalen Privatrestaurants essen. Doch auch in diesen seltsamen Kunstgebilden, die sich Luxusresorts nennen, stößt man auf das echte Kuba, und das mehr, als manchem Durchschnittsgast lieb ist. Kubanischer Luxus ist eine Inszenierung von Luxus und vermutlich ein Widerspruch in sich selbst Und diese Inszenierung bleibt so lückenhaft, wie eine schlecht gemachte Filmkulisse. Es gibt jeden Tag Hummer, auch wenn dieser zäh ist, verbrannt und oft alt, wenn die Kinder aber nach Ketchup verlangen, ernten sie nur ein Schulterzucken. ‚Ist leider ausgegangen. Lieferung ungewiss. Vielleicht morgen.‘ Die Tischwasserflasche ist kunstvoll mit Etiketten beklebt, wird aber hinter der Theke mit Leitungswasser aufgefüllt, was der durchdringende Chlorgeruch verrät. Das Buffet besteht aus endlosen Kohlvariationen, es fällt schwer, etwas Genießbares zu finden. Und es gibt keinen Fisch, der geht in den Export.

Alles ist jedoch schön angerichtet, gestärkte Servietten auf den Tischen, Kristallgläser und deutsches Porzellan, wohin man schaut. Ein Streichquartett intoniert klassische Musik. Ein Meer von Personal wogt durch den Raum. Zum Schokodessert werden eckige Eislöffel gereicht. Bei der Einweisung muss etwas schief gelaufen sein.

Manch ein Gast fällt auf diese Inszenierung herein. Zu verführerisch ist das Meer, die tropische Kulisse, zu groß die Sehnsucht, den Traum zu erleben, den man für teures Geld gebucht hat. Denn billig ist Kuba nicht. Andere beschweren sich. Ihnen wird die Umbuchung in ein anderes Hotel angeboten. ‚Aber es ist überall gleich‘, sagt die ausländische Reiseleiterin zu einer älteren italienischen Dame. Vielleicht stimmt das.

Auch der Service ähnelt dem uns bekannten in den Gaststätten der Transitstrecken. Überall stehen die Kellner und Kellnerinnen herum. Sie unterhalten sich, rauchen, und betrachten den Gast, wie der Wärter seine Tiere im Zoo betrachten mag. Sie werden sich selbst überlassen, eingeschritten wird nur bei Tumulten oder wenn ein spanischer Oberaufseher in der Nähe ist. Wer klug ist, verteilt schon am ersten Tag großzügig Ein-Euro-Münzen.

‚Wir müssen ein für allemal die Vorstellung ausradieren, dass Kuba das einzige Land der Welt ist, wo man leben kann, ohne zu arbeiten‘, hat Castros Bruder Raúl, der amtierende Staatsratsvorsitzende, kürzlich im kubanischen Fernsehen gesagt. Ja, aber die Angestellten in den Hotels verdienen wie alle Staatsbediensteten umgerechnet 15 Euro im Monat. Die spanischen Multis bezahlen international Löhne – direkt an den kubanischen Staat.

Auf Kuba gibt es mehrere Währungen: Den normalen kubanischen Peso, der nichts wert ist, den konvertiblen kubanischen Peso, CUC genannt, den man, der Name sagt es, in Fremdwährung umtauschen kann, den allgegenwärtigen und gerne genommenen Euro und den amerikanischen Dollar. Dieser war von 1993 bis 2005 offizielle Ersatzwährung. Mittlerweile kursiert er nur noch unter der Hand. Amerikanische Kreditkarten und Reiseschecks werden gar nicht mehr angenommen.

Die Jagd nach Devisen ist allgegenwärtig. Das wird nirgendwo deutlicher als in Havanna selbst. Auf die wenigen Touristen wird regelrecht Jagd gemacht. Schnell ist man von Musikern, Tänzern oder Clowns umgeben, von Frauen in traditionellen Trachten und Männern in nachgemachten Revolutionsuniformen, Alten mit dicken Zigarren im Mund und Verkäufern der Granma, der kubanischen Parteizeitung. Wehe wer fotografiert.

Jedes Motiv verlangt ein Euro Honorar. Bleibt man stehen, um Musikern zuzuhören oder Tänzer zu bewundern, kostet das ebenfalls ein Euro. Und das gilt natürlich auch für die kubanische Tageszeitung, sollte man tatsächlich eine erstehen wollen. Ein achtzigjähriger Veteran hält sie mir entgegen, und als ich weitergehen will, klammert er sich an meinen Arm und murmelt aus zahnlosem Mund: ‚Bitte, bitte, ich habe Hunger.‘

Ein ähnliches Bild in den Museen der Hauptstadt. Freundliches Personal bietet sich an, Familienfotos zu machen. Resolut und ohne Rücksicht auf tatsächliche Familienbande stellen sie uns auf, reißen uns die Kameras aus den Händen und knipsen drauf los. Es kostet ein Euro. So geht das Ausstellungsraum für Ausstellungsraum weiter. Als wir den vierten Raum des ehemaligen Gouverneurspalastes betreten, brüllen wir: ‚No foto, no foto!‘

Am Kapitol, einer Kopie des amerikanischen Vorbilds in Washington, wird uns beschieden, es sei geschlossen. Es sieht nicht geschlossen aus, und es stehen eine Menge uniformierte Hostessen herum. Eine von ihnen bietet uns an, sie könne uns das Gebäude privat zeigen. Das sei aber illegal, und deshalb müssten wir uns beeilen. Im Dauerlauf absolvieren wir die wenigen Sehenswürdigkeiten. Nach fünf Minuten verabschiedet sie sich von uns. Ich will ihr den obligatorischen Euro in die Hand drücken. Es kostet drei, pro Person. So viel wie der reguläre Eintritt.


So versucht jeder auf seine Art vom Tourismus zu profitieren. Auf der Straße wird Limonade verkauft, und Wagenbesitzer bieten eine Rundfahrt in einem der alten amerikanischen Straßenkreuzer an. An einer Ecke werden Trikots der lokalen Baseballmannschaft Industriales feil geboten, an einer anderen stehen die Schlepper, die die Touristen in die Zigarren- und Rumläden locken. Zigarren und Rum, das sind die beliebtesten, weil einzigen Souvenirs. Man sollte sich allerdings hüten auf gefälschte Markenzigarren hereinzufallen.

Trotz verschiedener Renovierungsbemühungen ist Havanna eine verfallende Stadt. Ganze Straßenzüge, ja, Stadtviertel, die aus Ruinen bestehen. Überall bröckelnde Fassaden, zugenagelte Fenster, eingefallene Mauern. Wenig, was sich zu besichtigen lohnt: das Kapitol, der Gouverneurspalast, das Kastell, die Hafenfestung an der Einfahrt zur Bahia, die Plaza Vieja und der Revolutionsplatz mit seinen sozialistisch-modernen Ministerien nebst einem Betonturm, der sich Martí-Denkmal nennt. Der berühmte Malecón, die kilometerlange Uferstraße, ist wenig mehr als eine leere, von gesichtslosen Bauten und klotzigen Hotels gesäumte Schnellstraße. Der ‚faszinierend morbide Charme der Stadt‘, den der Reiseführer beschwört, den suchen wir meistens vergebens. Am ehesten findet man ihn auf den Spuren Hemingways wandelnd. Zwanzig Jahre soll er auf Kuba verbracht haben, in seiner ganz unbescheidenen Finca La Vigía vor den Toren der Stadt.

Hemingway begegnet man in Havanna auf Schritt und Tritt. Er wird auf Kuba wie ein Nationalheld verehrt. Vielleicht, weil er als Amerikaner Kuba zu seiner Wahlheimat gemacht hat. Außerdem war er ein Freund der Revolution, auch wenn er Kuba bereits 1960 verließ, um sich in den USA behandeln zu lassen. Zurück kam er nie. Wir gehen in die Bodeguita del Medio, um einen Mojito auf das Wohl des Nobelpreisträgers zu trinken. Die Bodeguita ist eine kleine dunkle Bar mit einfachen Holztischen. Wer will, kann auch eine Kleinigkeit essen. Der Wirt füllt eine lange Gläserreihe mit Rum auf. Hier sitzen fast nur Touristen. Ein Mojito kostet vier Euro. An der Wand kann man noch immer Hemingways berühmte Inschrift lesen: ‚Mi mojito en La Bodeguita, mi daiquirí en El Floridita‘. Das Floridita schauen wir uns nur von außen an. Es ist ein paar hundert Meter von der Bodeguita entfernt.

Havanna hat zwei Millionen Einwohner. Aber es gibt nur wenige Autos auf den Straßen. Mir fällt ein, was Breschnew vor langer Zeit zu den Amerikanern gesagt haben soll, als es um den Vergleich der beiden Wirtschaftssysteme ging: ‚Ihr habt mehr Autos, dafür haben wir mehr Parkplätze‘. Das gilt auch für Kuba. Nirgends gibt es Staus. In wenigen Minuten ist man im Stadtzentrum. Da es nicht möglich ist, Neuwagen zu erwerben, hält man den alten Fahrzeugbestand irgendwie am Laufen. Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Oldtimer wie hier. Viele stammen noch aus vorrevolutionärer Zeit, sind also mehr als fünfzig Jahre alt. Sie werden kunstvoll zusammengeflickt und schleichen, Unmengen Sprits verbrauchend, über die Straßen.

Sich auf Kuba fortzubewegen, stellt ein besonderes Problem dar. Das gilt weniger für die Touristen in ihren klimatisierten Reisebussen. Im Prinzip gibt es ein kostenloses öffentliches Verkehrssystem. In der Praxis fahren die Busse und Züge nur unregelmäßig und sind oft überfüllt. Besonders morgens und abends sieht man deshalb Menschentrauben an den Haltestellen. Nicht selten sind es über hundert Personen, die auf eine Fahrgelegenheit warten. Einige von ihnen wedeln mit Geldscheinen, um ein Privatfahrzeug anzuhalten. Manchmal sperrt ein Polizist die Straße und füllt jedes Fahrzeug, ob privat oder nicht, mit Fahrgästen auf. Selbst die Mietwagen der Touristen werden davon nicht ausgenommen.

Hat die Revolution am Anfang vor allem Freiheitskämpfer exportiert – so kämpften Mitte der siebziger Jahre mehr als 35000 Kubaner in Angola – sind es jetzt Ärzte und Krankenschwestern, die auf Haiti, in Südamerika, in Afrika und überall auf der Welt arbeiten, wo es an medizinischer Versorgung mangelt. Kein Bereich neben dem Gesundheitswesen, auf den die Kubaner stolzer sind. Die medizinische Ausbildung genießt international einen hervorragenden Ruf. Viele ausländische Studenten zeugen davon.

So wie die medizinische Versorgung kostenlos ist, muss man für die meisten Notwendigkeiten des Alltags auf Kuba nichts bezahlen. Die meisten Hausbewohner wurden zu Eigentümern erklärt, das Transportwesen ist umsonst, und selbst das Essen gibt es auf Essensmarken. So relativieren sich die genannten 15 Euro Lohn oder Gehalt im Monat. Andererseits muss man eine Zahnbürste in einem Devisenladen erwerben, und viele andere genauso alltäglichen Dinge gibt es gar nicht oder ebenfalls nur gegen harte Währung.

Fünfzig Jahre Boykott und Wirtschaftskrieg haben ihre Spuren hinterlassen. Selbst alteingesessene Marken wurden den Kubanern aberkannt. So muss die altehrwürdige Bacardi-Brauerei ihren Rum als Havana Club verkaufen, weil der Gründer des Rumimperiums seine Markenrechte bei seiner Flucht mit in die Dominikanische Republik genommen hat. Ähnlich erging es dem berühmten Methusalem-Rum und anderen. In den Fabriken fehlen Ersatzteile, das ganze Wirtschaftssystem steht vor dem endgültigen Zusammenbruch.

Und es bleiben die Reisebeschränkungen, die Fluchtversuche nach Miami, all die Einschränkungen, die uns aus DDR-Zeiten wohlbekannt sind.

Bevor wir nach Kuba aufgebrochen sind, hieß es von manchem Freund, es sei die vielleicht letzte Gelegenheit, das alte Kuba zu erleben. So als liege die Revolution in den letzten Zügen. Tatsächlich gibt es neuerdings Bestrebungen, Kleinunternehmer wieder zuzulassen, seien es nun Restaurantbetreiber, Friseure oder Handwerker. Aber wie stehen die Menschen zur Revolution? Das war die Frage, die mich persönlich am meisten interessiert hat.

Die Kubaner erleben den Mangel jeden Tag, den Mangel und die Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit. Aber sie haben sich nie mit der ersten Welt verglichen – und die es taten, sitzen heute in Miami – sie vergleichen sich mit anderen Ländern der Dritten Welt. ‚Schauen Sie nach Mittelamerika, nach Haiti, nach Afrika…‘, sagt unsere kubanische Reiseleiterin, ‚im Vergleich dazu geht es uns in vielen Bereichen besser. ‚Wo stünden wir heute, hätte es die Revolution nicht gegeben?‘ Sie lächelt. Sie lächelt oft, unsere kubanische Reiseleiterin.

Kuba ist kein Land, in dem die Unzufriedenheit brodelt, der unwürdigen Bettelszenen in der Hauptstadt zum Trotz. Es wird keinen Aufstand gegen das System geben, zu groß ist selbst nach so vielen Jahren der Stolz auf das Erreichte und die Verehrung der Revolutionshelden. Auf jedem Touristenkatamaran wird gerne Comandante Che Guevara besungen, und das nicht nur der Folklore wegen. Sicherlich wird sich das System verändern müssen, zaghafte Ansätze kann man bereits erkennen. Aber genauso sicher ist es auch, dass eine wirkliche Verbesserung der Zustände der Aufhebung des amerikanischen Boykotts bedarf. Solange das nicht der Fall ist, bitte ich Sie, liebe Leser, Kuba zu besuchen. Kommt in die ‚Luxusresorts‘, fotografiert die ‚typischen‘ Einheimischen und lasst Euch vom kundigen Personal durch das Kapitol und den Gouverneurspalast führen. Und vergesst nicht in der Bodeguita del Medio einen Mojoto auf mein Wohl zu trinken!